Fidelitas Nachtlauf 23./24.Juni 2007
- Mit Höhen und Tiefen, aber trotzdem geschafft -
Endlich ist es soweit. Kurz nach 16.30 Uhr versammeln wir uns zum obligatorischen Gruppenfoto auf dem Stadionrasen des TuS Rüppurr. Wir, das sind 10 Staffeln zu je 4 TeilnehmerInnen und 6 EinzelläuferInnen, also 46 Teilnehmer, die für den LT an den Start gehen, so viele wie noch nie!
Seit gut einem Jahr gehöre ich jetzt zum LT und es konnte mir nichts Besseres passieren. Kaum einmal verpasse ich einen der regelmäßigen Termine, selbst wenn ich mich im Winter durch Regen oder Schnee mit dem Fahrrad von Hagsfeld zur Europahalle kämpfen muss. Es zieht mich einfach hin. Nur heute (Mo., 25.6.) sagt mir meine Vernunft und meine Beine: „Na, lass mal lieber!“
Um 17.00 Uhr fällt dann der Startschuss zum 29. und für mich 2.
Fidelitas Nachtlauf. Während die meisten Staffelläufer vom Start
weg ein hohes Tempo einschlagen, lässt es der Hauptteil der Einzelläufer
erst einmal gemütlich angehen. Genau das ist es, was mir beim Ultralaufen
so gefällt. Keine Hektik, kein Stress beim Start, schwer wird es noch
früh genug.
Als mich dann im Oberwald etliche EinzelläuferInnen überholen kommen
dann doch Zweifel auf, ob ich zu langsam bin (5.50-6.00min/km). Ich lasse mich
aber nicht beirren. Viele davon sehe ich später wieder und lasse sie dann
hinter mir.
Kurz vor dem Wasserwerk treffe ich Falk, der noch etwas zögert: „Vielleicht
bin ich ja zu schnell?!“. Ich rufe ihm zu er solle sich was trauen, lachend „gibt
er Gas“. Rainer und Markus begleiten mich ein Stück.
Bis zur Bahnschranke vor Grötzingen fühle ich mich richtig gut. Es
macht Spaß zu laufen, die dunklen Wolken verziehen sich und die Temperatur
ist angenehm.
Vor der Schranke kündigt sich das Unheil dann zum ersten Mal an. Ein Bauchgrimmen treibt mich in die Büsche. Ich ahne noch nichts Böses, kann ja mal vorkommen.
Schnell schlüpfe ich dann mit einer anderen Läuferin (Steffi Krieg
von der LG Muli) unter den sich schließenden Schranken durch. In Steffi
habe ich für die nächsten 15 - 20km wieder eine nette Gefährtin
gefunden.
Der Anstieg nach Grötzingen fällt noch leicht und bald bin ich schon über
20km gelaufen, ohne dass es sich so anfühlt.
Erste ernsthafte Zweifel kommen auf, als es mich am Waldrand kurz vor dem Heuberg über Jöhlingen wieder in die Büsche treibt. Was ist nur heute los? Das kenne ich doch sonst nicht. Bis Ittersbach noch 3 - 4 mal wird mir das bevorstehen.
Trotzdem genieße ich die tollen Ausblicke über die Landschaft bei
Jöhlingen und bei Singen.
Der Aufstieg aus dem Pfinztal bis nach Mutschelbach fällt auch noch relativ
leicht, aber etwas genervt bin ich nun doch schon, da jetzt auch noch leichte Übelkeit
hinzu kommt. An den Versorgungsstationen trinke ich verdünntes Cola, vielleicht
hilft das ja.
In Mutschelbach steht Thomas Graner an der Wechselstelle und strahlt. Er hat
seinen Teil geschafft.
Kurz darauf überhole ich Albert, der gerade ein „Gehpäuschen“ macht.
Jetzt denke ich schon gerade mal die Hälfte geschafft und mir geht es gar nicht so gut. Ich habe mittlerweile auch völlig die Orientierung verloren, wie ich in der Zeit liege. Es gibt dieses Jahr keine Kilometermarkierungen (Ich meine, dass im letzten Jahr zumindest jeder 5. Kilometer markiert war? Vielleicht täusche ich mich ja?).
Als ich oberhalb von Langensteinbach in den Wald laufe wird es langsam dunkel. Nachdem ich wieder einmal in den ... war (im Dunkeln wenigstens etwas einfacher), muss ich dann doch meine Lampe einschalten.
Die Wegmarkierungen sind jetzt nur schwer zu erkennen. Prompt biege ich dann
auch falsch ab, was ich aber zum Glück nach 200m merke. Ich kehre um und
treffe an der Kreuzung Diana mit ihrem Freund Thomas, der sie auf dem Fahrrad
begleitet. sie hat meinen unfreiwilligen Schlenker bemerkt und meint: „Dass
Dir so was passiert!?“
Ich erzähle ihr von meinem Handicap und sie bietet mir eine Durchfalltablette
an, die ich auch dankend annehme. Diana meint sie müsse im Moment etwas
langsamer machen, also laufe ich weiter. Nach zwei Biegungen wird mir nun richtig
schlecht, so bin ich die Tablette nun auch ganz schnell wieder los. So langsam
denke ich ans Aufgeben.
Hinzu kommt, dass die Orientierung sehr schwierig ist, da die Strecke hier zum Teil sehr schlecht markiert ist. Und das geht nicht nur mir so! An vielen Gabelungen schauen sich die Läufer erst einmal suchend um, bis die nächste Markierung gefunden ist.
An der letzten Verpflegungsstelle vor Langenalb spiele ich tatsächlich
mit dem Gedanken mich zurücktransportieren zu lassen. Ich mag nicht mehr!
Aber die Vorstellung hier in der Kälte zu warten, wer weiß wie lange,
all die anderen (Diana, Rainer, Albert, Christine, ...) an mir vorbeiziehen
zu lassen und ohne Medaille nach Hause zu fahren treibt mich dann doch weiter.
In Langenalb könnte ich wenigstens im Warmen warten...
Ich schließe mich einer Gruppe von 5 Läufern an. Langsam geht es
mir dann sogar wieder etwas besser, aber ich habe einfach Angst, wie sich das
noch weiter entwickelt.
Einer der Läufer erzählt er sei die Strecke schon 25 - mal gelaufen. „Oh,
gut, dann kennt er sich ja aus!“, denke ich und halte mich an ihn. Erst
als wir durch Pfinzweiler laufen fällt mir auf, dass ich schon lange keine
Markierung mehr gesehen habe. Auch das noch! Wir sind doch tatsächlich
von der Strecke abgekommen. Unsicher schauen wir uns um. Was jetzt? Ich bin
für zurücklaufen, die anderen wollen anders weiter nach Langenalb
laufen. Schließlich klopfen sie an ein erleuchtetes Fenster (es ist mittlerweile
etwa 23.30Uhr!) und fragen einen Anwohner nach dem Weg. Wir folgen seinen Anweisungen
und treffen nach rund 10 min zum Glück wieder auf die Strecke.
Insgesamt sind wir wohl etwa 1,2 km mehr gelaufen, hatten eine zusätzliche
Steigung und haben 5 min mit Suchen verbracht. Wie war das Thomas? Die 7 bringt
Glück (meine Startnummer)? Fluchend und ziemlich entnervt laufen wir nach
Langenalb hinein.
An der Wechselstelle fühle ich mich dann doch wieder gut, die Übelkeit ist weg und mein Bauch scheint sich beruhigt zu haben. Mein Ziel unter 9 Stunden zu laufen habe ich längst abgeschrieben, das ist mir jetzt auch egal, aber ankommen möchte ich nun doch noch.
Ich schaue schon gar nicht mehr auf die Uhr und mache mich wieder auf den
Weg in die Dunkelheit. Jetzt kenne ich mich aus! Das motiviert mich ungemein
und ich merke, wie auf einmal Kräfte freigesetzt werden, von denen ich
noch eine halbe Stunde vorher nicht zu träumen gewagt hätte. Ist
das jetzt das „Runner´s High“?
Ich „brettere“ hinunter nach Marxzell und weiter den Graf - Rhena
- Weg entlang. Vor Fischweiher treffe ich Diana wieder, die während meinem
Umweg wieder an mir vorbeigezogen ist. Sie sagt, sie habe Schmerzen im Fuß.
Nach ein paar ermunternden Worten laufe ich weiter und laufe und laufe. Schon
bin ich in Etzenroth, dann kommt der Baum mit der 70 (nur noch 10km!!!), kurz
darauf bin ich in Ettlingen. An der Feuerwache schaue ich auf die Uhr und sehe,
dass ich noch 40 min Zeit habe um unter 9 Stunden zu bleiben. Ich kann es kaum
glauben.
Es geht mit richtig gut und ich freue mich aufs Ankommen. Hoffentlich ist
noch jemand da, der auf mich wartet.
Im Jahr zuvor ist meine Ankunft im Ziel völlig untergegangen, ich musste
sogar erst einmal den Zeitnehmer auf mich aufmerksam machen, damit er mich
abscannt.
An der B3 hole ich eine Läuferin mit Fahrradbegleitung ein. Ich höre, wie der Mann zu ihr sagt: „Einzelläuferin!“, wohl um sie zu motivieren dran zu bleiben. „Von wegen !“, denke ich, warne sie noch vor der Stolperfalle an der Tunneleinfahrt und „gebe Gas“.
Schnell taucht die letzte Versorgungsstation auf. Ich lasse sie links liegen
und laufe durch. „Welche Nummer?“, höre ich noch. „Sieben“,
rufe ich und schon bin ich vorbei.
Da kommt die Autobahnbrücke, ich denke an Bettinas Stolperer und weiß,
noch ein Kilometer! Zum letzten Mal in den dunklen Wald, am Waldrand entlang,
links um die Kurve und durch den Zaun ins Stadion. Als ich auf die Bahn laufe
höre ich schon Bettina „Moni!“ rufen. Vor lauter Übermut
ziehe ich noch zu einem Schlussspurt an, was mir aber gar nicht gut bekommt.
Mir wird schlecht und ich gebe gar kein schönes Bild ab beim Zieleinlauf.
Was für ein Empfang! Ganz viele sind noch da geblieben und begrüßen mich. Ich bin überwältigt und einfach glücklich!! Danke!!!
Besonders freut mich der tolle Erfolg unserer Staffeln, von dem ich jetzt erfahre. Glückwunsch an alle und auch an alle anderen Einzelläufer.
Es war wohl wirklich ein ganz Besonderes Erlebnis für den LT!
Grüße an alle,
Monika
Frühstück im Cafe Bleu, noch ein wenig gezeichnet.