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Der 3-Zinnen-Lauf am 13.09.2009

Gerne wollte ich den Urlaub in Südtirol verlängern. Ich entdeckte ein Sportereignis, das mir half. Geschickt trägt es im Namen die berühmtesten Kletterwände Südtirols; einfacher und lauter kann ein Marktschrei kaum sein. Die Strecke führt nicht in die Kletterwand, schon gar nicht in die 3 Zinnen. Die Zinnen sieht man vom Ziel aus. Der Start liegt in Sexten auf grob 1300m üNN und es gibt erst eine Corrida durch den Weiler. Bis zum 7ten Kilometer kann man Orte, Wiesen und Wald vor dem Einser betrachten. Die letzten 3 Kilometer sind steil bergab und leicht ansteigend zur Hütte. 7,5 Kilometer fehlen in der bisherigen Beschreibung. Dort findet der Wettkampf statt. Fast alle 1350 Höhenmeter werden dort erklommen. Am Tag zuvor bildete ich mit zwei Italienern eine Art Pantomime-Gruppe. Die aufziehenden Wolken hatten mich überzeugt mich mit modernen Trail-Schuhen zu wappnen. Zu dumm, daß der deutsche Sportladen keine passenden Untersätze hatte. Die zweite Volksgruppe bot mehr an Schuhen, aber deutlich weniger an Sprachen. Vor den Erfolg mit den italienischen Verkäufern, die nur Italienisch konnten, hatte der liebe Herrgott viele Armbewegungen gesetzt.

Nach einer Nacht in einem Hotel mit einem Krippenmuseum und behütet von einem riesigen beleuchteten Christus im Flur konnte ich am Frühstücksbuffet gleich ein paar Konkurrenten beobachten. Die Auswahl beim Frühstück war erfreulich. Die Deutschen aßen Müsli, Korn- und Weißbrot. Die Mehrzahl an Italienern munitionierte sich mit extra-trockenen Brotscheiben mit Marmelade. Gemeinsam war allen die Freude am Kuchen. Während das Wetter Tag zuvor Übles fürchten ließ, war der Himmel am Start nahezu wolkenfrei. Dennoch habe ich bisher bei keinem Lauf so viel kalkuliert. Im Tal um 9 Uhr 7 Grad; 1300 Höhenmeter höher lassen sich dann nach 8 Grad weniger messen. Eine hinreichende Begründung für kurze Hose und kurzes Hemd ließen sich im Versprechen auf gutes Wetter und die Gewähr auf erwärmende Anstiege finden. Kurz nach dem Start zweifele ich an meinem Verstand. Ein Tiroler Hut und eine Tiroler Leder-Hose bewegt sich zügig vor mir. Am Anstieg erfahre ich von ihm, daß es um keine Wette geht, sondern einfach Tradition ist. Der Mann kommt später gebadet ins Ziel und hat seine Kleidung dann hoffentlich besser in den Stall gehängt. Zu Anfang säumen viele Wanderer die Route. Immerhin ist die Strecke auch als Wandererautobahn berüchtigt. Klettersteigen und Wandern scheint eine mäßige Vorbereitung abzugeben. Meine Waden sind schwer wie Blei. Es stört mich also nicht, daß ich immer wieder zum Fotografieren stehenbleibe. Der Anstieg noch im Wald ist ordentlich. Als nachfolgender Läufer sieht man einen bunten Wurm, der sich den Hang in Serpentinen hochzieht. Einen guten Einblick gibt eine Kilometer/Zeit-Aufstellung: Da meine Handykamera leider eine Vorliebe für den absoluten und echten Film Noir entwickelt hat, kann ich keine Bilder präsentieren. Die Bilder, die ich zeigen wollte, wären es wert gewesen. Manchmal unglaublich, was für ein Pfad zum Laufen herhielt, mehr Stein als Weg. Nur die Gämsen würden es als Autobahn ansehen. Die Ausblicke auf Rotwand und Zwölfer, die Geröllmengen im Tal. Die Höhenmeter zu den Kilometern täuschen, der Lauf geht in Stufen. Es gibt flachere, teils gar abfallende und laufbare Teilstrecken zwischen den Anstiegen (was diese freilich noch härter macht). Unweit vor der Zsigmondyhütte gibt es Stellen, bei denen Fehltritte längere Zeit wehtun. 10 Meter reichen ja bekanntermaßen, um sich ein wenig zu stauchen. Generell ist anzuraten die Landschaft nicht zu sehr zu genießen, denn der Weg hält immer etwas bereit, was man doch besser vorher angeschaut hätte. Bei der Zsigmondyhütte (2224 üNN, km 11) gibt’s Jubel und alles, was einen Läufer stärken kann. Es geht weiter in Aufschwüngen über eine seltsam karge Hochgebirgslandschaft zum Büllelejoch auf ca 2550 üNN.Für mich kommt danach der härteste Teil: ein Abstieg durch’s grobe Geröll in kurzen Schwüngen. Den echten Tiroler erkennt man wohl daran, daß er diese Strecke im Vollgalopp nimmt. Zwei Downhill-Runner beeindrucken mich, die mich überholen und hoffentlich später auch ihre Knochen wieder ins Skelett einsortiert bekommen haben. Mir reichen in jedem Fall die Schläge, die weite Sätze auf unterliegende Felsbrocken abgeben. Hat man die Knochenmühle von ca 250 Höhenmetern im Down-Bouldering hinter sich, kommt ein schöner, ebener Weg am Geröllhang mit Blick auf einen See. Um die Gesichter für’s Zielfoto lang genug zu machen, geht es dann nochmals kurz bergan zur 3-Zinnen-Hütte. Hätte ich gewußt, daß Apfelstrudel und eine Art Sachertorte im Ziel wartet, wäre ich schneller gewesen. Auch so bin ich mit einer 1:56 hr sehr zufrieden. Der Schwarzograf wird 96ter von knapp 735 und verfehlt die Sonderwertung (mit Geschenken) für jeden 50ten knapp. Im Ziel ist das Wetter gut genug, um die 3 Zinnen mächtig und interessant erscheinen zu lassen. Doch die fehlende Sonne läßt schnell an die Temperatur auf 2400 üNN denken. Die Kleiderbeutel sind fein sortiert und sie haben wohl mehr als einen Heliflug für all die Müllbeutel gebraucht, auf deren Inhalt sich jetzt die Läufer freuen. Umgekleidet kann ich den langen Rückweg antreten: ca 1,5 hr Wanderung mit 950 Minus-Höhenmetern zum Bus im Fischleintal.Das abwandernde Läuferfeld sorgt für etwas verdrießte Stock-Wanderer. Alle Läufer marschieren recht schnell und vor allem ohne Stöcke an den 4-Punkt-Abgängern vorbei. Im Tal ergötzt Pircher die Läufer mit einem Likörstand. Umso beschwingter sind die letzten Wander-Meter.
Als Belohnung für mein Tempo dusche ich noch direkt vor Wyatt, dem besten Bergläufer der Welt. Dabei hatte der Beste diesmal nicht so viel zu feiern. Platz 4, besiegt von zwei Teutonen (1. Schiessl, 2. Zeiler) – aber eine Woche zuvor den Jungfrau-Marathon unter 3 Stunden gewonnen, am Tag zuvor beim Dolomitenmann mit 1800 Höhenmetern erfolgreich. Die Pasta-Party wird dem Namen gerecht! Abgerundet wird sie und der Läufer durch eine wunderbare Auswahl an Kuchen. Mit einer Tankfüllung von 4 Stück Kuchen fahre ich den letzten Teil der 1444 km, die ich mit der Südtirol-Reise im Auto verbrachte – in knapp 5,5 Stunden.

Ortwin Thate

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Der lange Weg zum Einser im Fischleinetal.
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Der Einser am späteren Vorabend. Man läuft lange auf ihn zu, dann links hoch und hintenrum, rechts wandert man dann wieder runter.
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Das Wetter am Vortag hätte besser sein können. Der Einser verborgen.
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Die Pasta-Party. Auf dem Tresen nur Kuchen, freundlicherweise immer gleich zwei Stücke. Das erste Tablett gehört der Siegerin aus Neuseeland.
Strecke km Höhenmeter Zeit [min]
1 u. 2 25 8:02
7 70 5:29
8 165 9:16
9 150 8:37
10 140 9:36
11 190 11:20
12 240 15:36 (Power-Wandern)
13 100 6:49
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